

Der Herr der Hexer - Tessa Valentin
Ein Leben für seine Freiheit.
Eine weiteres für die seines Freundes.
Bren Pengwern ist der Gott aus dem Brunnen. Jahre nach seiner Flucht erhält er einen Hinweis darauf, wo sich sein bester Freund aufhalten könnte.
Es gibt nur ein Problem: Die Lampe, in der Bren seinen Freund Khalil vermutet, ist im Besitz von Varås Alta, dem Meister der Diebe. Und dieser wird den Gott in der Lampe kaum freiwillig herausgeben.
So kommt es, dass sich Bren auf die Suche nach der Elster macht, einer berüchtigten, von Varås unabhängigen Diebin, die schwierig zu finden und noch schwieriger zu überzeugen ist.
Sie stellt Bren vor die einzige Wahl, die er nicht zu treffen bereit ist.
Denn für Khalils Freiheit verlangt die Elster ein Leben.
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Leseprobe
„Was willst du von mir, Bren Pengwern?“, fragt sie und lässt den Dolch hinter ihrem Rücken verschwinden. Gleich darauf zupft sie das Fell um ihre Schultern zurecht, streicht sich ein paar verirrte Locken hinter die Ohren und sieht mich an, wie mich lange niemand mehr angesehen hat. Kein Wunder, dass sie meinem Namen den Klang einer Beleidigung verpasst.
„Eine Öllampe.“
Die Elster verdreht die Augen. „Natürlich“, seufzt sie dabei und tritt dann durch die Tür. Ich rechne fest damit, den Flur dahinter verlassen vorzufinden, aber als ich ihn betrete, steht sie an dem Kamin, der das Licht zu verantworten hatte, und wärmt sich die Finger. Ich lehne mich gegen die aufgeheizte Wand gleich daneben.
„Das ist mein Ernst.“
„Wieso wartest du nicht, bis die Sonne aufgegangen ist, und kaufst dir eine?“
Es ist das erste Mal, dass sie patzig klingt. Es macht mir bewusst, wie jung sie ist - vermutlich jünger als ich es war, als ich herkam.
„Weil die Lampe, die ich suche, in Besitz von Varås Alta ist.“
„Var-“, schnappt sie und dann bricht sie in offenes Gelächter aus. Es ist kaum laut genug, um den Raum zu füllen, aber dafür aufrichtig. „Jetzt verstehe ich, wieso du gerade zu mir kommst.“
„Und? Hat es sich gelohnt, Masha Brisban mit der Suche nach dir zu beauftragen?“
„Ich weiß nicht“, meint sie. Flammen flattern über ihr Gesicht. Sie machen es mir schwer, die Spannung zu deuten, das sich in ihre Mundwinkel geschlichen hat. „Gibt es sonst noch etwas, von dem ich wissen sollte?“
„Mh“, mache ich und verschränke die Arme vor der Brust.
„War es also doch eine gute Idee, dich zu meiner kleinen Folterkammer zu lotsen?“
„Deiner Folterkammer?“, hake ich nach. Ich kann mir das Lachen nicht verkneifen und sie schmunzelt und zuckt mit den Schultern.
„Die Wände sind so feucht, dass sie jedes Geräusch schlucken“, erklärt sie. „Also?“
Mir ist nicht ganz wohl dabei, ihr davon zu erzählen. Sie sieht mich schon wieder so fordernd an und das Gefühl ihrer Messerspitze, wie sie sich in meine Haut bohrt, hallt noch nach.
„Könnte sein, dass ich nicht der Einzige bin, der Interesse an der Lampe hat.“
„Das muss ja eine besonders schöne Lampe sein“, sagt sie und füllt damit mein Schweigen. Mir liegt sein Name auf der Zunge, schwer und beißend wie etwas Lebendiges, das an seiner Kette zerrt und knurrt und dessen Krallen tiefe Spuren im Boden hinterlassen. Ich spreche ihn bloß aus, um ihn loszuwerden.
„Es ist Beltane.“
Die Elster wirft mir im Augenwinkel einen Blick zu, der schärfer ist als ihre Klinge.
„Er wird dich ebenfalls bitten, Varås für ihn zu bestehlen.“
„Das war eine Bitte?“, murmelt sie ins Feuer und ich übergehe sie, weil sie keine Anstalten macht, mir ins Gesicht zu springen.
„Ich will, dass du seinen Auftrag annimmst.“
„Du willst, dass ich deinen König hintergehe.“
„Er ist nicht mein König.“
„Natürlich nicht“, gibt sie zurück.
Danach stehen wir erst einmal da, sie versunken in den Flammen, ich verloren in dem Versuch, sie zu verstehen. Da ist kein Stirnrunzeln mehr und ihre Hände treiben ruhig in der Hitze über dem Knacken und Spucken des Feuers. Doch es ist nicht nur die Unsicherheit, die fort ist.
Sie sieht nicht mehr aus, als plane sie.
„Du wägst ab“, stelle ich fest.
„Ich verrate einen König und bestehle einen Dieb“, erinnert sie mich, dann schüttelt sie den Kopf und zieht sich den Mantel von den Schultern. Sie schiebt ihn auf den Tisch hinter sich, einer breiten, grob gemaserten Holzplatte mit vier ungleich geschlagenen Beinen. „Wenn ich tue, was du von mir verlangst, wird man mich nicht mehr wegen dem jagen, was ich bin, sondern dem, was ich getan habe.“
„Es gibt sehr schöne Orte jenseits des Wilden Meeres.“
„Sprichst du von den Orten, an denen Velika Vinnære Krieg führt?“
„Kein Krieg dauert ewig“, erwidere ich, aber ich sage es falsch, ich sage zu viel, denn die Elster sieht mich an, als seien meine Worte eine Prophezeiung. Ich halte ihren Blick nichtsdestotrotz; er ist, was sie braucht, um mir zu vertrauen.
„Schön“, sagt sie schließlich.
Ich muss erstaunt wirken, während ich sie mustere, denn sie verdreht ein zweites Mal die Augen und erklärt: „Du wirst sicherstellen müssen, dass mich niemand als Bean Nighe erkennt. Oder als Elster. Ein Paar von Varås’ Leuten sind nicht gerade gut auf mich zu sprechen.“
„Lässt sich einrichten.“
„Nur für die Zeit des Auftrags versteht sich.“
„Du hast von der Sache in Lyne gehört“, sage ich und sie zuckt mit den Schultern und meint: „Wer nicht?“
Ich schmunzle. „Gut, ich sorge dafür, dass du nicht aus Versehen deinem Doppelgänger über den Weg läufst. Sonst noch etwas?“
„Ja“, sagt sie. „Wir haben noch nicht über deinen Teil der Abmachung gesprochen.“
„Was immer du dir wünschst.“
Die Worte taumeln noch in der Luft, da kehren die Widerhaken zurück in die Art, wie sie mich ansieht, da ist sie wieder die Bärentöterin, die Zähne geschliffen wie ihr Messer, und selbst im Funkenregen glaube ich die Elster verschwinden zu sehen.
„Du hast uns zu Boten des Todes gemacht. Mach jemanden für mich lebendig und ich stehle dir deine Lampe.“
Tessa Valentin

Das sagt Tessa Valentin über sich
Ich bin eine von denen, die schreiben, seit sie schreiben können. Aufhören konnte ich nicht (hab den blöden Notausgang nicht gefunden). Also hab ich einfach weitergemacht. 17 Jahre lang - seit acht ungefähr inspiriert von englischsprachiger Literatur (Leigh Bardugo, Meghan Whalen Turner, Melina Marchetta, Kristin Cashore & Co.) und in musikalischer Begleitung von The 1975, Dermot Kennedy, Novo Amor, ARIZONA und allem, was mir sonst noch so in den Mix der Woche gerät. Ich liebe gut erzählte Freundschaften, besser erzählte Liebesgeschichten und Fantasy, die einen vor Kälte bibbern und vor Aufregung schwindeln lässt.